Über die Familie von Tigerström

Samuel von Tigerström wurde 18.10.1715 geboren. Er war Amtshauptmann in Eldena. Der ur­sprüng­liche Familienname ist Beckenström. Da der Vater von Samuel in den Nordischen Kriegen als Major an der Seite seines Königs (Karl XII.) „wie ein Tiger“ kämpfte,  wurde er am 13.10.1718 erblich geadelt und ihm wurde der Name von Tigerström verliehen.

Nach seinem Tod wurde sein Sohn, Moritz Johann Wilhelm von Tigerström (geb. 6.5.1769), Besitzer von Bassin. Nach der Erbfolge übernahm Friedrich Wilhelm Ludwig von Tigerström (6.3.1803- 28.10.1868) den Besitz seines Vaters der am 28.6.1849 verstorben war. Letzterer war Professor und deutscher Rechtswissenschaftler an der Universität zu Greifswald.

 Wilhelm von Tigerström hatte zusammen mit seiner Frau Charlotte Laurette Phillippine Laug 10 Kinder. Nach den ersten 5 Töchtern war an der Universität Greifswald die Scherzfrage in Umlauf: Wer schreibt jedes Jahr ein Buch und lässt jedes Jahr eine Tochter taufen? Natürlich Professor von Tigerström.

Charlotte Laurette Phillippine Laug, verheiratet mit Professor von Tigerström

Charlotte Laurette Phillippine Laug, verheiratet mit Professor von Tigerström

Ella von Tigerström schreibt in ihren Jugend­erinner­ungen über ihren Großvater: „Er war ein großer Gelehrter und hatte viele juristische Lehr­bücher geschrieben, und nur seine politische Differenz mit dem Kultusminister war Schuld, dass er niemals ordentlicher Professor wurde, weswegen er sich dann grollend in Bassin vergrub ohne sich aber jemals um das Gut zu kümmern, sondern ganz in seine Wissenschaft versunken. Die Großmutter musste die Wirtschaft so gut es ging beaufsichtigen, bei den 10 Kindern keine leichte Aufgabe. So war es kein Wunder, dass das Gut als Vater, Carl Friedrich Wilhelm von Tigerström, es 1868 über­nahm, total heruntergewirtschaftet war.“

Die Schwester von Friedrich Wilhelm Ludwig von Tigerström Wilhelmina (geb. 5. Juni 1795 in Bassin, gest. 31. Mai in Greifswald) war die Großmutter des berühmten Flugzeugskonstrukteurs Otto Lilienthal.

Um einen Einblick in das damalige Leben der Familie von Tigerström zu bekommen, noch­mals einen kleinen Auszug aus den Jugenderinnerungen von Ella von Tigerström an ihren Vater Wilhelm von Tigerström.

„Im Bassiner Haus lebte anfangs noch die Mutter meines Großvaters, die geb. von Balthasar.

Der älteste Enkel und Erbe war wohl ihr Liebling. Vater erzählte, dass sie ihm, der ein zarter kleiner Kerl war, manchen guten Bissen zugesteckt habe. Doch einmal, als er eine kleine Dumm­heit begangen, ist sie mit ihrer Elle hinter ihm hergewesen, und als er sich auf dem Hof in einen Strohhaufen verkrochen hat, da hat sie mit dem Ellenstock reingestochert.

Vaters besonderer Freund ist der alte Hofstellmacher Ladendorf gewesen. Bei ihm hat er viel in der Werkstatt gespielt. Unser Freund hieß Hove, der herrliches Spielzeug drechseln konnte. Zu den alten Ladendorfs Obliegenheiten hat auch die Betreuung der Windhunde gehört, die Groß­vater Moritz von Tigerström noch als Hetzhunde gehalten hatte und mit denen Ladendorf noch manchmal einen Hasen für die Küche erjagen musste, was den Jungen natürlich Spaß machte.

Seinen ersten Unterricht erhielt Vater bei der Erzieherin Frl. Auguste Müggenburg. Dann folgten die verschiedensten Hauslehrer unter denen die merkwürdigsten und tollsten Originale gewesen sein müssen. Zum Teil hatten sie von geregeltem Unterricht keine Ahnung. Teils waren es ver­krachte Theologen, teils hatten sie gar nicht studiert. Der eine hat die Kinder furchtbar geprügelt und gequält, dagegen ein anderer, „Vater Kist“ genannt, war sehr gutmütig und tat alles was sie wollten. Ein Riesenkerl mit entsprechendem Appetit, die ältesten Schwestern von Vater, die bei Tisch die Suppe auffüllten, machten sich oft einen Spaß daraus, ihm immer wieder den Teller zu füllen, dann hat er wie ein Bär gebrummt: „Oh diese Herzensgüte“. Von Zeit zu Zeit ist er auf Wanderschaft gegangen, dazu hat er all seine Habseligkeiten übereinander gezogen, so dass er wie ein wandelnder Ofen abgegangen ist. Nachdem er sich eine Weile rum getrieben hatte, meist bei Pastoren durchbettelnd, ist er dann etwas versoffen wieder aufgetaucht. Viel gelernt haben die Kinder bei diesen wunderlichen Kerlen natürlich nicht. Vater kam dann nach Greifswald aufs Gymnasium. Er ist mit der Prima-Reife abgegangen, auf das Abi legte man damals keinen Wert, hat für einen praktischen Beruf ja auch keinen Zweck, und Vater hatte eben nur Interesse für die Landwirtschaft, um später Bassin wieder hoch wirtschaften zu können.

Am 28.10.1868 starb sein von ihm so unendlich verehrter Vater. Nun musste er Bassin über­nehmen und das war nicht leicht. Er musste Mutter und 9 Geschwister auszahlen. Das Gut war völlig heruntergekommen, der Acker schlecht bestellt, weder drainiert noch gemergelt (gedüngt), das Inventar, soweit noch vorhanden, kaputt und wacklig. Die paar Kühe konnten kaum allein stehen. Aber bei der Übergabe wurde ihm von den so genannten unparteiischen Taxatoren alles zu Höchstpreisen angerechnet. Am schlimmsten hatte der Holländer (Schweizer) betrogen, an den nach damaliger Sitte die Kühe verpachtet waren und den Windhunden ähnlicher waren als Kühen. Vater hat oft lächelnd erzählt, dass ihm bei der Übernahme genau 1 Taler Betriebskapital in der Tasche blieb.

Mit einer Erbschaft hatte er Pech: ein Onkel wollte ihm 30.000 Mark oder gar Taler vermachen. Der Notar war schon geholt, da jedoch Onkel Dibbelt sich nicht ganz wohl fühlte, blieben die Her­ren beim Rotwein sitzen, verschoben das Testament machen. Am nächsten Morgen war der Onkel tot und Vater hatte das Nachsehen. Wie gut hätte er zu all dem, was in Bassin gebaut, an­ge­schafft, verbessert werden musste, etwas Betriebskapital brauchen können! Aber er ging auch ohne dies mit Mut und Gottvertrauen ans Werk und Schritt vor Schritt hat er es mit seinem uner­müdlichen Fleiß und seiner großen persönlichen Sparsamkeit vor sich gebracht. Und Gott hat sein Werk sichtbar gesegnet. Zunächst wurde das Feld gemergelt und mit der Drainage begon­nen.

Bald brach der Krieg 1870 aber sein Werken. Sein Bruder Moritz bewirtschaftete Bassin während seiner Abwesenheit. Im Krieg wurde Vater schwer verwundet und nun stand ihm eine lange schwe­re Lazarettzeit bevor. Nach seiner nicht völlig wieder erlangten Genesung widmete er sich wieder dem Auf- und Ausbau seines geliebten Bassins.

Carl Friedrich Wilhelm von Tigerström starb am 1. September 1909. Nach der Erbfolge ging Bassin in den Besitz seines ältesten Sohnes Ernst Wilhelm von Tigerström über.“

Mitglieder der Familie von Tigerström sind in Kirch-Baggendorf begraben.

Grabstelle in Kirch-Baggendorf

Die Grabstelle der Familie von Tigerström. Der Zaun wurde während des Krieges abgebaut und der Rüstungsindustrie zugeführt.

Grundmauer der Grabstelle

Von der einstigen Grabstelle sind heute nur noch die Grundmauern und die darauf befindliche Inschrift „Tigerström Bassin 1877“ auf den Friedhof in Kirch-Baggendorf zu finden.

Im Jahre 1791 wurde die Friedhofshalle in Kirch-Baggendorf als Begräbnishaus für 4 Interessenten gebaut. Darunter auch Leyerhof und Bassin. Wegen teilweisem Einsturz der Halle wurden 1847 die Särge auf der Nordseite des Friedhofs begraben.

Pastor Lietz schreibt dazu: „Auf Wunsch der Familien wurden die Särge noch mal geöffnet. Sämtliche Leichen waren in gutem Zustand, am besten die Älteste, die des Amthauptmanns von Tigerström, der schon einige 50 Jahre im Begräbnishaus gestanden hatte.“ Viele Generationen stellte die Familie von Tigerström die Kirchenpatrone – das erhaltene Gestühl erinnert mit seinem Zierat (beschriftete Schmuckwappen) noch heute an diese Familie.

Wappen der Familie von Tigerström

Wappen der Familie von Tigerström

Doppelwappen von Tigerström und Zanthier

Doppelwappen von Tigerström (links) und Zanthier (rechts)